gestern abend in josefs privatem operntheater ...
fast fünf stunden haben sie zu singen … und immer volles rohr. man darf sich also nicht wundern, dass beide recht stattliche figuren sind. normalgewichtige würden diesen kraftaufwand nicht leisten können. Tristan und die schöne irische königstochter Isolde, die er für seinen herrn, den König Marke, freien soll. beide trinken versehentlich einen liebestrank, der eigentlich für alle fälle dem König Marke zugedacht war. die wirkung ist durchschlagend. gefühlte zwei stunden besingen sich die beiden korpulenten darsteller in wagnerisch schwülstigen stab - und sonstigen reimen. dem gehörnten könig kann das natürlich nicht verborgen bleiben. fürchterliche szenen spielen sich ab, in denen als schlusshurra Tristan schwerstens verletzt wird. durch seinen freund Kurwenal wird er in sicherheit gebracht, und vollbringt als lebensgefährlich verletzter gesangliche schwerstarbeit, gepaart mit gewagtesten gymnastischen einlagen, als er erfährt, dass die holde isolde ihm folgen würde. sie erscheint dann auch, aber tristan hatte sich zuvor so verausgabt, dass er in ihren armen stirbt.
und nun kommt das, wofür es sich gelohnt hat fünf stunden lang geballten Wagner ertragen zu haben … Isoldes Liebestod. wie ich meine, das ende aber gleichzeitig der höhepunkt der Romantik überhaupt …
diese musik ist mit worten nicht zu beschreiben.
aber ... nicht nur deswegen lohnt es sich, dieses mammutwerk zu hören. die deutsche untertitelung hilft auch dem wagnerischen laien, das werk zu verstehen und zu genießen.
Bubi40 - 8. Jan, 15:18
-
Meine Referenzaufnahme, die ich mit sechzehn Jahren ausdauernd hörte, (weil mein Vater sie geschenkt bekommen hatte und entsprechend seinen Gepflogenheiten auch studierte) war die mit Karl Böhm, Wolfgang Windgassen, Birgit Nielson, Christa Ludwig, Marti Talvela und "Kurwenal habe ich jetzt vergessen".
Es gibt Leute, die diese Aufnahme für die beste aller Zeiten halten. Aber die Oper kann nur 4,5 Stunden dauern. Denn es waren 5 Langspielplatten und auf der Seite 10 gab es einen Mitschnitt einer Probe. Bleiben also nur 4,5 h übrig. Und Karl Böhm hat doch nicht so schnell dirigiert, oder?
Der "Tristan" (wie die Oper immer bezeichnet wurde) war übrigens die Schutzmaßnahme gegen Drogen. Ich habe das schon geschrieben. Wenn man die Musik des Tristan so stark verinnerlichen kann, dass man sich Cornwall und Carneol ohne Bühnenbild bei geschlossenen Augen vorstellt, dann braucht man keine "bewusstseinserhellenden" Drogen mehr.
-
Ein kleines Detail, was ich jetzt leider hier nicht weiter illustrieren kann. In Schubert DV959 kommen im letzten Satz, im Rondo, zwei Stellen vor, in denen mein Vater "Tristan" annotiert hat. es geht nur jeweils um einen harmonischen Übergang. Aber mir war sofort klar, als ich die Stelle zum ersten Mal gespielt habe, was mein Vater gemeint hat.
Vielleicht finden Sie die Stelle heraus? :)
- vielleicht zum verständnis: ich hatte bis vor einigen jahren mit Wagner aber auch gar nichts am hut. (ich lüge, denn die Meistersinger mag ich schon sehr lange.) die einsteigerdroge war dann zunächst die Walküre, gefolgt vom ganzen ring, den ich zu meiner großen freude ganz gut kennen und auch lieben gelernt habe. mein weg geht jetzt über den Tristan den Lohengrin und den Fliegenden Holländer, die schon als blu-ray bereit liegen, zu den opern des "kleinen zänkischen Sachsen", der so grandiose musik schreiben konnte.
- "Karl Böhm, Wolfgang Windgassen, Birgit Nielson, Christa Ludwig, Marti Talvela" sind natürlich der absolute garant für einen operngenuss der ganz besonderen art.
- die aufnahme ist ist ganz genau 253 minuten lang, also 4 stunden und dreizehn minuten. da meine schilderung ganz bewusst ein wenig sarkastisch und überzeichnet sein sollte, nahm ich die 5 stunden ins visier. offensichtlich aber kam das nicht an ... asche auf mein haupt ...
http://www.youtube.com/watch?v=39Cn76IRCpc
Bei Stelle 3:17
Brendel habe ich mit dem Werk übrigens live gehört, als er in Wien unterrichtet hat. Das war ein Programm: Chromatische Fantasie von J.S.Bach, Hammerklaviersonate und diese Sonate. Eines von den Konzerten, wo ich mir Karten gekauft habe, weil ich einfach die Stücke hören wollte. Damals gab es noch kein youtube und die Karten waren billiger als die Schallplatten.
Das Thema dieses Rondos war übrigens die Kennmelodie der Salzburger-Festspiele, als ich klein. Selbstverständlich hat mich der Satz extrem gereizt. Versteht sich, dass ich auch diese Sonate von meinem Vater gehört habe und sie unbedingt spielen musste.
Der 2. Satz ist übrigens einer meiner absoluten Lieblingssätze über alle Sonaten und Komponisten hinweg.
http://www.youtube.com/watch?v=xkXYbVDVyB0
Im zweiten A-Teil interpretiere ich die rhythmische Begleitfigur als das Schlagen des Herzens - oder auch das Monitoring eines Krankenhausmonitors. Hier kann man beim Sterben zuhören. Doch es ist bis auf einzelne Ausnahmen ein ruhiges Sterben. Nur der Ausbruch in der Mitte zeigt, dass es eigentlich "zu früh zum Sterben" war.